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Die Höllentalbahn bindet Freiburg im Breisgau mit dem Hochschwarzwald an. Im Verlauf ändert sich ihr landschaftlicher und technischer Charakter mehrmals auf einschneidende Weise; während sie auf dem Stadtgebiet von Freiburg einer S-Bahn ähnelt und teils durch Tunnels, teils auf Dämmen nach Freiburg-Wiehre führt, gleicht sie im sich anschliessenden Dreisamtal einer Talbahn (allerdings steigt sie bereits hier mit über 22 Promille an). Die Bahn weist einprägsame und gleichsam bezeichnende Stationsnamen auf: Nach der noch im Dreisamtal liegenden Station "Himmelreich" dringt die Bahn in das eigentliche namensgebende und sich stark verengende, zerklüftete Höllental ein. Hier wurden mehrere kurze Sporntunnels nötig, u.a. vor der ehemaligen Station Hirschsprung. Dieser Bahnhof liegt oberhalb jenes bekannten Felsens, wo der Sage nach ein Hirsch die engste Stelle der Schlucht in einem waghalsigen Sprung übersetzt haben soll. Dem Fahrgast eröffnet sich zwischen den beiden Tunnels ein kurzer Blick auf das eiserne Hirschdenkmal. Einige Kilometer oberhalb und schon bei wesentlich grösseren Meereshöhen befindet sich die heute unbediente Station "Höllsteig" unmittelbar unterhalb des Ravennaviaduktes, welches auf sieben steinernen Bogen die Ravennaschlucht überwindet. Es ist dies die längste und höchste (40 Meter) Eisenbahnbrücke im Hochschwarzwald. Die Streckenführung mit sich anschliessendem kurzem Ravennatunnel und auch weiter Richtung Hinterzarten ergab hier seit jeher ausserordentlich lohnende Fotomotive, weshalb Ansichtskarten aus dem Höllental und besonders des Ravennaviaduktes zahlreich sind. Bei Hinterzarten ist die Landschaft wieder ruhiger und die Bahn erreicht über verschiedene Unterwegsstationen, u.a. Titisee, den Bahnhof  Neustadt. Hier endete die Höllentalbahn bis im Jahr 1902 die "hintere Höllentalbahn" nach Villingen in Betrieb genommen wurde. 

Von der reizvoll gelegenen Höllentalbahn entstanden im Verlauf der Zeit zahlreiche Ansichtskarten.


Diese historische Ansichtskarte zeigt einen Personenzug, der gerade am bekannten Hirschsprungdenkmal vorbeifährt. Dem auf dem Foto sichtbaren oberen Tunnelportal des unteren Hirschsprungtunnels wurde in den sechziger Jahren eine kurze Schutzgalerie aus Betonelementen vorgebaut. Der von einer bad VIb gezogene Zug wird in Kürze den Bf Hirschsprung erreichen, wo Schubunterstützung in Form der bad Xb bereitstehen wird.


Blick talabwärts bei Posthalde


Partie der Höllentalbahn unmittelbar unterhalb der Station Höllsteig. Die Zahnstange wurde bis 1933 benötigt. Das Stationsgebäude ist bis heute praktisch unverändert erhalten.


Die kolorierte Aufnahme zeigt einen Länderbahnzug mit Lok der Gattung bad VIb an der Spitze auf dem alten Ravennaviadukt. Heute sind von dieser Brücke noch die Widerlager erhalten


Die 1884 eröffnete Höllentalbahn in der Relation Freiburg im Breisgau - Neustadt wurde aufgrund ihrer ursprünglichen hauptsächlichen Zweckbestimmung als Touristikbahn und anders als andere Bahnbauprojekte Badens sparsam ausgeführt. Dies auch deshalb, weil der Bahnbauetat durch die grossen Projekte der 1870er Jahre stark belastet worden war. So verzichtete man vollständig auf eine künstliche Längenentwicklung, wie sie an anderen Strecken angewandt wurde (vgl. "Schwarzwaldbahn" oder "Strategische Bahn") - die Höllentalbahn wurde deshalb zu einer stark geneigten, im Abschnitt Hirschsprung - Hinterzarten sogar ausserordentlich stark ansteigenden Bahn (Steigung von 55,5 Promille (1:18), bis heute eine der steilsten Normalspurstrecke der Deutschen Bahn AG), was in diesem Abschnitt eine anspruchsvolle Betriebsführung mit Zahnstange nötig machte. Es wurde ein von der Riggenbachschen Zahnstange weiterentwickeltes System verwendet. Am Beginn und Ende der Zahnradstrecke war die Zahnstange auf einigen Metern federnd eingebaut, so dass sich das Lokomotivzahnrad in jedem Fall problemlos einzahnte. Von Interesse waren auch jene Weichen in den Stationen, welche eine Zahnstange aufwiesen. Dies machte eine recht komplizierte Konstruktion notwendig. Im Jahr 1902 wurde die sogenannte hintere Höllentalbahn in Betrieb genommen, von Neustadt nach Donaueschingen; die Höllentalbahn wurde von der Stichbahn zur Durchgangsstrecke, da in Donaueschingen Anschluss an die Schwarzwaldbahn besteht. Von der Höllentalbahn zweigten die folgenden Nebenbahnen ab: Dreiseenbahn in Titisee (eröffnet 1927) und Bonndorferbahn in Kappel (eröffnet 1907), darüberhinaus in Hüfingen noch die private Bregtalbahn nach Furtwangen von der hinteren Höllentalbahn.

Der Zahnradbetrieb im Höllental zwischen Hirschsprung und Hinterzarten war aufwändig und die Fahrzeiten entsprechend lang. Für die Steilstrecke galten besondere Betriebsvorschriften, insbesondere was zulässige Maximalgewichte von Zügen und zusätzliche Bremsausrüstungen betraf. Lange galt auf der Steilstrecke eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 10km/h. Es kamen spezielle Zahnradlokomotiven zum Einsatz. Diese verfügten über getrennte Adhäsions- und Zahnradtriebwerke. Sie konnten also sowohl im reinen Adhäsions- als auch mit zusätzlich eingeschaltetem Zahnradtriebwerk fahren. 

Die bad IXa, Bauartbezeichnung C n2(4)t (später noch als DRG Baureihe 89.83 bezeichnet) gehörte zur Erstaustattung der Höllentalbahn. Es wurden insgesamt sieben Loks dieses Typs bei der Maschinenbaugesellschaft Karlsruhe gebaut. Die Lok wiesen verschiedene unabhängige Bremsausrüstungen auf:  Handbremse jeweils für Reibungs- und Zahnradtriebwerk, Schmidsche Schraubenradbremse für das Reibungstriebwerk und schliesslich eine Riggenbach-Gegendruckbremse mit Schalldämpfer. Zuletzt waren diese Loks nur noch auf den Rangierbahnhöfen als Verschubloks eingesetzt. Bis ca. 1907 fuhren die Lokomotiven immer bergseitig voraus, schoben also nicht etwa nach. Aus diesem Grund hatte man bei Eröffnung der Höllentalbahn neben den Zahnradlokomotiven auch spezielle Wagen angeschafft, die alle über ein Bremszahnrad verfügten.

Ab 1910 kam aufgrund dauerner Verkehrssteigerungen und der Verlängerung der Strecke nach Donauscheingen eine zweite Generation badischer Zahnradlokomotiven ins Höllental: die vier Vertreter der Bad IXb (DRG Baureihe 97.2) wiesen eine zusätzliche Nachlaufachse auf, 1921 bestellte man drei weitere dieser Lokomotiven in Nassdampfausführung, anders als die erste Serie, welche Überhitzer aufwies. Diese Zahnradlokomotiven verkehrten üblicherweise am talseitigen Ende der Züge. 

Mit dem Einsatz der gelungenen Tenderlokomotive der Gattung bad VIb, deren sechs erste Baulose geneigte Feuerbüchsdecken (1:18) und Gegendruckbremsen aufwiesen, wurden die Zahnradlokomotiven ausschliesslich im Steilstreckenabschnitt eingesetzt; sie setzten sich üblicherweise an den Stationen Hirschsprung bzw. Hinterzarten an das untere Zugsende. Die höchste Belastung der Höllentalbahn während zur Zeit des Zahnradbetriebs brachte das Jahr 1923, als französische Truppen Appenweier besetzten und so die badische Hauptbahn unterbrochen wurde. In dieser Zeit lief der Umleitungsverkehr u.a. über die Höllentalbahn - wobei schwere Eilzüge auf der Steilstrecke bis zu viermal geteilt werden mussten! 

Der mühsame Zahnradbetrieb im Höllental dauerte bis 1933 - mit der Indienststellung der neuen Einheits-Baureihe 85 wurde er überflüssig. 

Von den drei südlichen Staaten des Deutschen Reiches (Baden, Württemberg und Bayern) wies einmal jeder eine normalspurige Zahnradstrecke auf. Was in Baden die Höllentalbahn, war in Württemberg die Strecke zwischen Honau und Lichtensteig (Maximalneigung 1:10) sowie in Bayern die Bahn zwischen Erlau und Wegscheid. Die beiden letztgenannten Strecken wiesen allerdings so starke Maximalsteigungen auf, dass man zu keinem Zeitpunkt auf den Einsatz von Zahnradloks verzichten konnte - entsprechend wurden sie in den sechziger Jahren stillgelegt und existieren heute nicht mehr. 
Im Gegensatz zu den viel länger eingesetzten württembergischen Zahnradlokomotiven württ. Hz (Baureihe 97.5) blieb keine der badischen Vertreterinnen erhalten. Die letzten Reste badischer Zahnrad-Eisenbahngeschichte finden sich auf dem Campus der Universität Karlsruhe wo als Austellungsstücke noch einige Gleisstücke mit Zahnstange und eine der komplizierten Zahnstangenweichen erhalten sind.

Eine zweite, viel weniger bekannte Zahnradstrecke in Südbaden lag einst im Verlauf des Anschlussgleises der Papierfabrik Albbruck bei Waldshut. Hier war der Abschnitt, der mit einer Zahnstange System Bissinger versehen war, aber nur 400 Meter lang.
 

Weiterführende Literatur:

  • Gottwaldt Alfred, Freese Jens. 100 Jahre Höllentalbahn. Eine berühmte Bahnstrecke. Lokomotiven, Technik und Betrieb. Motorbuch-Verlag, Stuttgart. 1987.
  • Kandler, Ulrich. Eisenbahn im südlichen Schwarzwald. Eisenbahn-Journal Sonderausgabe. 1995
  • Kuntzemüller, Albert. Die badischen Eisenbahnen. Umgearbeitete und bis auf die Gegenwart fortgeführte Auflage.Verlag G. Braun, Karlsruhe. 1953
  • Ruff, Bruno. Die Höllentalbahn. Transpress Verlag. 1973
  • Scharf, Hans Wolfgang, Burkhard Wollny. Die Höllentalbahn. Eisenbahn-Kurier Verlag, Freiburg. 1989.
  • Diverse Verfasser. 140 Jahre Eisenbahn in Freiburg. Höllentalbahn - Dreiseenbahn. Kameradschaftswerk Lokpersonal beim Betriebswerk Freiburg. 1985



   

links: Der Beginn der Zahnstange im Bf Hirschsprung.
rechts: Ausschnitt einer komplizierten Zahnstangenweiche


Zahnradlokomotive bad IXb - bereits zur Reichsbahnzeit - vor dem Lokschuppen in Hirschsprung

 

Strecken
Höllentalbahn Freiburg - Neustadt: Geschichte
Höllentalbahn - Aktuelle Fotos
hintere Höllentalbahn Neustadt - Donaueschingen
Dreiseenbahn Titisee - Seebrugg
Nebenbahn Kappel-Gutachbrücke - Bonndorf
Wiesentalbahn Lörrach - Zell
s'Todtnauerli Zell - Todtnau
Wehratalbahn Schopfheim - Säckingen
Kandertalbahn Haltingen - Kandern
Wutachtalbahn Oberlauchringen - Hintschingen
Hochrheinstrecke Waldshut - Singen
Überlandstrassenbahn Schaffhausen - Schleitheim
Betriebsdienst
Personenzugtenderlok bad VIc
Zahnradlokomotive bad IXb
Rangierlokomotive bad Xb
Schwere Güterzugtenderlok-Baureihe 85
Schlepptenderdampflok SBB C 5/6 im Krieg
Schi-Stra-Bus (Triebwagen)
Elektrische Versuchslokomotiven 50 Hz
Elektrolokotiven Baureihe E 32 und E 71
Elektrotriebwagen Baureihe ET 85
Triebwagen Baureihe 641
Ausserdem...
Eisenbahngeschichte in Baden (Überblick)
Robert Gerwig
Eisenbahnprojekte in Südbaden
Planungsfehler
Erster badischer Rheinübergang bei Waldshut
Ravennabrücke bei Höllsteig
75 1118 auf Sonderfahrt
Verstromung (Übersicht)
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Literatur
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